Ist es die wa(h)re Liebe?

 

Hast du dich schon mal gefragt, ob dein Hund dich wirklich liebt? Gibt es da Dinge in eurem Zusammenleben, die du tust oder eben nicht tust, damit dein Hund dich (weiterhin) liebt? Was denkst du, woran knüpft sich die Liebe an?

Ich möchte gerne mit einem Zitat starten und wiedergeben, was ein langjährig bekannter Hundetrainer (ich mag das Wort kaum dafür benutzen, weil es m.M.n. kein Training ist, sondern Erpressung) in einer Hundevermittlungssendung gesagt hat. Vielleicht zusammen geschnitten für die Dramatik, wer weiß das schon. Es hat mich aber ein ganz großes Stück voran gebracht, um diesen Menschen zu verstehen. Wieso er Dinge tut, wie er sie tut. Dieses Thema beschäftigt mich nämlich schon einige Jahre und ich weiß, dass es vielen von euch ähnlich geht.

Zitat: "Dass der Hund mich lieben soll...das hab ich jetzt nicht so unbedingt. Wobei, dass stimmt auch nicht ganz. Es ist nur...dass ich nicht genau weiß, wie das so ist, mit der Liebe eines Hundes zum Menschen. Worauf ich mich verlassen kann ist, wenn die Hunde mich ernst nehmen, dass sie Dinge tun, um mir zu gefallen. Ob sie mich dabei mögen...weiß ich nicht so ganz genau. [Man hört sein Schmunzeln in der Stimme] Aber sie schleimen, das sieht tatsächlich aus, wie gemocht werden, aber vielleicht ist das auch ein bisschen Augenwischerei. [Kurzer Musik- und Kommentareinspieler, der Hund im Video entfernt sich und wird sehr laut und unwirsch gerufen] Jetzt können natürlich wieder ganz viele Leute sagen 'ahh so laaauut und so ernst rufen, Hunde hören doch so gut und man kann doch viel leiser sprechen'. Kann man, ist aber unmenschlich."

Mir blieb erstmal der Atem weg. Ich war völlig schockiert über die gesamte Aussage. Und dann ging mein "jeder Mensch gibt zu jeder Zeit bestes"-Modus an und ich habe hinterfragt...

Meine Interpretation des Ganzen sieht wie folgt aus: da ist ein Mann (und es gibt auch viiiiele andere Menschen da draußen, die ähnlich sprechen), der nach mehreren Jahrzehnten Zusammenleben mit Hunden sagt, dass er nicht weiß, ob Hunde den Menschen lieben, weil er "nur" spürt, dass sie die Dinge tun, um zu gefallen, um sich einzuschleimen. Darüberhinaus findet er es unmenschlich, leise und höflich zu sprechen - zumindest mit den Hunden.

Wisst ihr was ich unmenschlich finde? Genau so ein Verhalten. Rumbrüllen um seine Meinung durchzusetzen. Das ist aus meiner Sicht unsouverän und dieses Verhalten resultiert aus Überforderung. Ja, dann schreien Menschen halt mal. Ist ja auch nicht tragisch. Was tragisch ist, ist diese Kommunikationsform als normal anzusehen.

Schauen wir uns doch mal an, was es mit dem Gegenüber macht.

Viele Lebewesen auf dieser Welt brauchen ein festes, soziales Gefüge um sich herum, um sich sicher zu fühlen. Sicherheit ist eines unserer Grundbedürfnisse. Genau so, wie Anerkennung und Wertschätzung. Unsere evolutionäre Entwicklung, die in unseren Genen steckt, sagt uns also, dass wir ohne soziale Gruppe verloren sind - wir schweben in Lebensgefahr. Meist bleibt dieses Thema im Unterbewusstsein, stört uns aber massiv im Leben, weil wir Dinge tun, nur um in dem sozialen Gefüge aufgefangen zu werden.

So, nun ist euer Gruppenoberhaupt oft mürrisch, schreit gerne mal herum und wenn jemand einen Fehler macht, wirft er/sie/es mit Gegenständen oder fiesen, verletztenden Worten um sich oder schlägt euch sogar. Wir denken mal an häusliche Gewalt bspw. - wieso bleiben die Opfer so lange? Warum gehen sie nicht einfach? Wieso holen sie sich so selten Hilfe?

Weil da ganz oft ein riesen Komplex dahinter steckt, der von außen schwer nachzuvollziehen ist, wenn man es selber nicht erlebt hat. Ganz oft denken die Betroffenen 'ich muss ja nur besser aufpassen/zuhören, ihn/sie/es nicht reizen, früh genug bemerken, wann es kritisch wird...' Im großen und ganzen ausgedrückt: "ICH muss ja NUR ALLES richtig machen!"
Oder auch: "Hier weiß ich, was ich habe und wer weiß, wie schlimm es anderswo sein wird."

Wie geht es euch, wenn ihr das lest?

Ich bin massiv gestresst, alleine bei dem Gedanken daran, IMMER und ALLES jederzeit im Blick haben zu müssen, um mich ja so zu verhalten, dass ich schlimmeres vermeiden kann. Mein Leib und Leben sind bedroht, wenn nicht aktiv durch das Gruppenoberhaupt, dann doch durch den unbewussten Gedankengang, was mit mir passiert, wenn ich aus der Gruppe fliege.

Also tue ich alles, um genau das zu vermeiden. Ich möchte gefallen, ich strenge mich immens an, gehe über meine Grenzen, bin irgendwann gar nicht mehr ich selbst. Das nennt sich dann Leben. Klasse.

Ganz abgespeckt ist es auch das, was unser Schulsystem mit uns macht. Entweder bist du gut genug oder du fällst durchs Raster. Dass aber alle Lebewesen - mit Absicht - total verschiedene Stärken und Schwächen haben, um sich bestmöglich zu ergänzen, dass gerät dabei völlig in den Hintergrund. Schon ist das Individuum im Überlebensstress und beginnt zu funktionieren.

Ich denke, dieses lässt sich in unserer Welt auch gar nicht gänzlich vermeiden und ist an gewissen Stellen vielleicht auch notwendig. Stress gehört zum Leben dazu, ganz klar. Nur wenn ICH entscheiden kann, die Lebewesen an meiner Seite zunächst mal absolut bedingungslos so anzunehmen, wie sie sind und ihnen all meine Liebe zu schenken, ohne Erwartungen und Druck, dann findet meine Liebe im Gegenüber den perfekten Nährboden und kommt rein und stark zu mir zurück.

Fange ich an, diese Bindung durch mein unsouveränes Verhalten zu stören und mein Gegenüber zu maßregeln, weil MIR dessen Verhalten nicht in den Kram passt, dann bröckelt diese Verbindung sehr schnell und tatsächlich sind wir Menschen im Abriss dieser Brücke zu den Hunden doch mal sehr flott, während die Hunde bereit sind viele Brückenteile von sich aus instandzusetzen.

Lasst also eure Brücken der bedingungslosen Liebe zu euren Mitwesen bestehen und kommuniziert dann angemessen und souverän mit eurem Gegenüber, wenn es nötig ist.

Leider haben wir diese Verhaltensweisen nicht erlernen können, weil in unseren Vorfahren viel zu viel Sorge steckte und das System Familie/Gruppe/etc. sehr hoch gewichtet war. Niemand konnte es sich erlauben, auf sich gestellt zu sein. Es gab wenig herzensreine Liebe, weil dafür ganz einfach kein Platz war.

Jetzt ist eine andere Zeit - für uns hier in Deutschland zumindest. Wir können unser Leben frei gestalten, lieben wen wir möchten und wann wir das möchten. Unsere Eltern sind bemüht uns so bedingungslos, wie nur möglich zu lieben, weil das Ausmaß dieser Katastrophen halt eben bekannt ist. Wieso sollen wir da bei Hunden oder sämtlichen Lebewesen Halt machen und sie weiterhin emotional erpressen, damit sie genötigt sind uns zu gefallen?

Ich habe beide Variante gelebt und kann euch sagen: JA - Hunde lieben. Bedingungslos. Und sie tun uns so viel lieber und ausgelassener Gefallen, wenn wir ihnen ein sicheres und stabiles Umfeld bieten, in dem sie sein können, wie sie sind und nur so sein müssen, wie wir es gerne hätten, wenn es wirklich sein muss!

Der Mann tut mir leid, weil das was er sagt eben seine Wahrheit ist. Er fühlt es so und es scheint für ihn zu seiner Art zu leben zu passen. Es ist schwer für mich, solchen gegensätzlichen Menschen meine bedingungslose Liebe zu schenken, aber meine Hunde sind die besten Lehrer und ich übe weiter. Schritt für Schritt in eine Welt, die ohne Nötigung zurechtkommt, aber mit ganz viel Herzensweisheit ausgestattet ist. Kommt ihr mit?

 

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