Über Hunde, die nicht viel können müssen.

 

Heute möchte ich euch eine Geschichte erzählen, von Hunden, die nicht viel können müssen.

Gucken wir uns doch mal an, was der durchschnittliche Familienhund können soll und wie verschieden die Sichtweisen darauf sein können. Im Großen und Ganzen möchte er sich bitte reibungslos in den Alltag integrieren und freudig mitlaufen - im übertragenen Sinne.

Er soll in jeglicher Situation an lockerer Leine laufen. Am liebsten ohne Leine immer im 10 Meter Radius bleiben, dabei seine Menschen im Blick behalten und jederzeit ansprechbar und abrufbar sein - von spannenden oder ängstigenden Menschen, anderen Artgenossen, Katzen und jeglichem Wildgetier, auch die Dönerreste oder andere nennenswerte Funde sollen bitte freudig ignoriert und liegen gelassen werden.
Der Partner Hund soll bitte nicht Bellen, erst recht nicht im Haus oder im Garten und bloß nicht in Begegnungen mit anderen. Er soll sich auf jeden Hundetypen einstellen können und angemessen mit ihnen kommunizieren.
Er möchte drinnen ausgeglichen und ruhig sein, draußen aber schon aktiv genug für schöne ausgedehnte Spaziergänge und vielleicht etwas Hundesport oder auch Tricks gegenüber offen eingestellt sein.
Besucher sollen freudig empfangen werden, aber nicht ZU freudig! Wo anders zu Besuch oder im Restaurant möchte er sich unauffällig unter den Tisch legen und möglichst wenig wahrgenommen werden.

Merkt ihr worauf das hinausläuft?

Unsere Familienhunde sollen bitte ihre sämtlichen Interessen hinten anstellen und sich hingebungsvoll an unsere Lippen hängen, um jeden Wunsch davon abzulesen.

Hört sich krass an? Finde ich auch!

Das aller krasseste an dem Ganzen ist meiner Meinung nach, dass viele Hunde 80% davon schaffen. Sie sind die Meister der Anpassung und wenn wir dann noch fair, freundlich und bedürfnisorientiert mit ihnen lernen, sind sie tolle Begleiter, die schon sehr viele unserer menschlichen Bedürfnisse befriedigen.

Warum schreibe ich das hier?

Mir sind Menschen begegnet, die Hunde für ihre Zwecke "ausbilden". Unter anderem für die Jagd. Da hörte ich dann Sätze wie "Ja, es kann schon Mal vorkommen, dass sie das Wild verbringen." Das bedeutet: die Hunde jagen ungewollt Wildtiere von A nach B und lassen sich dabei auch nicht stoppen.

Kurzer Cut: wenn unsere Familienhunde das  machen, gelten sie als unerzogen und gehören an die Leine. Letzteres unterschreibe ich voll und ganz! Wir werden von den Jagdpächtern oftmals runter geputzt, obwohl wir super verantwortungsbewusst unterwegs sind und jetzt kommt's:

Viele Familienhunde, mit denen toll trainiert wird, sind bei Wildsichtung ansprechbar und abrufbar! Einige sogar aus der bereits eingesetzten Hatz heraus. Ohne Strom oder Leinenrucke, ohne Schmerzen und emotionale Erpressung (nur wenn du tust, was ich möchte, hast du ein stressfreies Leben an meiner Seite).

Zurück zum Jagdpächter. Ich spreche hier nicht für alle, aber schon für (sehr) viele! Leider.

Gestern hatte ich eine Begegnung der besonderen Art. Wir wurden wieder mal belehrt, was man darf und was nicht - dagegen ist auch gar nichts einzuwenden, solange es freundlich bleibt. Dann wurde festgestellt, dass wir ja "ziemlich viel mit Bolschen" (also Leckerlies) machen würden?! "Das machen wir bei der Jagdausbildung ja nicht so. Also gar nicht!" Ähm ja... weil ihr im letzten Jahrhundert stecken geblieben seid???!!! Nur meine Gedanken, so etwas laut zu sagen, verbietet mir dann doch meine Erziehung. Ihr wisst schon, angepasst und unauffällig bitte, ja! Gilt auch (noch) für viele Kinder.

So und nun setzt euch besser hin und atmet schon Mal tief durch. Oooooommmmm....

Der nächste Satz lautete wie folgt - währenddessen ein Mensch-Hund-Team aus meiner Gruppe im schönsten Fuss an uns vorbei zog: "Naja, aber DIESE Hunde müssen ja auch nichts besonderes können."

Leute, ehrlich... Da hätte ich meine gute Erziehung beinahe vergessen!

DIESE Hunde leisten dermaßen viel!!! Scrollt gerne nochmal nach oben, wenn es in Vergessenheit geraten sein sollte.

Wie viele jagdlich geführte Hunde sehe ich, die am Halsband zerrend ihre Spaziergänge verbringen müssen. Die nicht zuverlässig von Wild abrufbar sind und erst recht nicht von einer Spur oder aus der Hatz. Die deswegen auch kaum ohne Leine unterwegs sein können. Und ja, ich habe auch einige Jagdhunderassen im Training, diese haben ein ganz normales Säugetiergehirn und können genau so lernen, wie jeder andere Hund. Ja, jeder Hund ist individuell und der eine braucht mehr hiervon und der andere mehr davon... Insgesamt aber möchte ich festhalten, dass unsere Familienhunde weitaus differenzierter ausgebildet werden, als so mancher Jagdhund. Auch hier wieder der Hinweis: nicht jeder Jagdhundeausbilder muss sich diesen Schuh anziehen! Wenn mir aber jemand sagt, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Familienhunde jagen gehen, das gleiche Verhalten bei jagdlich geführten Hunden aber schön geredet wird, dann kann ich mir nur an den Kopf fassen.

"Ja, die stehen so im Trieb. Das müssen wir für die Arbeit erhalten." Es gibt tatsächlich so etwas wie Lerntheorie und Signale, die den Hunden sagen könnten: jetzt bitte Jagdmodus und jetzt bitte Freizeit. Ja, genau - das bedeutet Arbeit. Kleinschrittig, angepasst, individuell und vor allem MIT dem Hund! Erregungsphasen lassen sich hoch und runterfahren, dass das bei spezialisierten Arbeitshunden schwierig sein kann, steht außer Frage.

Ich möchte einfach nur anmerken, dass DIESE Familienhunde ganz oft weitaus mehr leisten in ihrem Alltag, als so mancher Jagdhund und das wird als so völlig normal und "muss so" angesehen.

Gehen wir voran und bringen ganz viel Herzenswärme in diese verkorkste Welt. Lassen wir die Liebe zu unseren Hunden wachsen und drücken hier und da mal ein Auge zu oder auch zwei. Schließen wir die Jäger in unsere Herzenswärme ein und schenken ihnen ganz viel Licht für eine Entwicklung hin zu einem liebevollen Umgang mit ihrem Partner Hund. Das wünsche ich mir. Von Herzen.

 

 

Hundetraining mit Herz Buxtehude

 

Wenn du das auch so siehst, dann teile doch gerne diesen Artikel. <3

 

In Liebe für die Menschen und die Hunde,

Franziska

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Kommentare: 2
  • #1

    Sandra Prochaska (Sonntag, 02 Mai 2021 16:34)

    Liebe Franziska, du hast gestern genau richtig reagiert. Alles andere wäre bei der ‚netten‘ Begegnung auch nicht angekommen. Wie war das noch? In der Ruhe liegt die Kraft. Du machst so wundervolle Arbeit, lass sie dir von solchen Menschen nicht vermiesen.

  • #2

    Franziska Herkert (Sonntag, 02 Mai 2021 17:07)

    Liebe Franziska,
    Klasse reagiert!:) und ich kann dir sagen ich bin mit meinem Jagdhund, meiner Jägerin, sehr gerne bei dir im Training und 1000-Fach davon überzeugt, dass sie mit deiner Hilfe im Training und durch liebevolle Konsequenz und ein gemeinsames Verständnis; ein abrufbarer und zufriedener Familienhund sein wird. ☺️